Bild: Typischer Befund bei Hyperhidrose an den Achseln
Was ist eine Hyperhidrose?
Hyperhidrosis, auch Hyperhidrose genannt, besteht aus den Wortstämmen Hyper = viel und Hydro = Wasser. Darunter versteht man ein krankhaft starkes Schwitzen, welches über das normale Maß hinausgeht.
Die Betroffenen erfahren durch Einschränkung im sozialen und beruflichen Umfeld einen deutlichen Krankheitswert.
Im Folgenden wird im Wesentlichen auf die primäre Hyperhidrosis (Erklärung siehe unten) eingegangen.
Fakten und Zahlen
- 3% der Menschen leiden an einer Hyperhidrose.
- Davon sind ca. 50% von der fokalen Hyperhidrose der Achseln betroffen. (1)
- Bei 30-60% der Erkrankten ist von einer Vererbung auszugehen, da auch erkrankte Familienmitglieder bekannt sind.
- Die primäre Hyperhidrosis betrifft vor allem die Achseln (in 73 % der Fälle) (2)
Welche Ursachen und Formen der Hyperhidrose gibt es?
Oft kann keine Ursache für eine übermäßige Schweißbildung gefunden werden. Man spricht hier von einer sog. primären Hyperhidrose. Diese tritt in den meisten Fällen an bestimmten Bereichen des Körpers auf und wird daher fokal genannt.
Bei der sekundären Hyperhidrose sind Erkrankungen im Bereich der Inneren Medizin, Neurologie oder Endokrinologie (Hormonlehre) ursächlich für das Leiden verantwortlich.
Die Anzahl der Schweißdrüsen ist nicht vermehrt, sondern deren Stimulation ist erhöht. Dieses geschieht über das Nervensystem (Sympathikus).
Folgende Formen können bei dieser Erkrankung unterschieden werden:
Primäre Form:
- Hyperhidrosis axillaris: übermäßiges Schwitzen in den Achselhöhlen
- Hyperh. manuum: übermäßiges Schwitzen an den Händen
- Hyperh. pedum: krankhafte Schweißfüße
- Hyperh. faciei: im Gesicht
Sekundäre Form:
Die Ursache für eine sekundäre Hyperhidrose können u.a. folgende Erkrankungen sein (3):
- Medikamente und Drogen: Alkohol, einige blutverdünnende Medikamente, Antidepressiva, Amphetamine u.a.
- Hormonelle Ursachen: Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose), Gicht, Menopause, Übergewicht, diabetische Neuropathie, Hyperglykämie, Akromegalie, Phäochromozytom, Karzinoide
- Infektionen: Malaria, Tuberkulose, infektiöse Endokarditis, HIV, Brucellose
- Herzkreislauf / Atmung: Herzschwäche (Herzinsuffizienz), Herzinfarkt, Lungenfehlfunktion
- Neurologische Ursachen: Parkinson, periphere Neuropathie, Schlaganfall, nach Verletzungen des Rückenmarks
- Bösartige Erkrankungen: Leukämie, Lymphome und verschiedene andere Tumore
Welche Beschwerden sind typisch für die Hyperhidrose der Achseln?
Die von der Hyperhidrose Betroffenen beklagen ein krankhaft starkes Schwitzen, und zwar ohne ersichtliche Anstrengung und ohne adäquate Temperaturbelastung.
Auch in den Wintermonaten kommt es bei zu den unliebsamen Schweißausbrüchen. Die Kleidung ist ständig nass geschwitzt. Zusätzlich kann die Geruchsbelastung lästig sein.
Die Kleidung muss täglich mehrfach gewechselt werden. Die Lebensqualität ist stark vermindert. Das Schwitzen bei der Hyperhidrose tritt häufig anfallsartig und ohne Vorwarnung auf.
Eindeutige Laborparameter zur Diagnose gibt es nicht. Ausschlaggebend ist die Patientengeschichte (Anamnese). Typisch sind ein familiär gehäuftes Auftreten und der Beginn der übermäßigen Schweiß-Bildung in oder am Ende der Pubertät bzw. im Jugendalter.
Zur Darstellung der Hyperhidrose gibt es Tests:
- Der Jod-Stärke-Test weist den Schweiß durch Färbung (violett) nach und ist somit qualitativer Art.
- Die Gravimetrie kann im Gegensatz dazu die Menge an Schweiß (z.B. in mg/min) darstellen. Hier wird Filterpapier zunächst gewogen, dann für eine gewisse Zeit auf die von der Hyperhidrosis betroffenen Areale gelegt und anschließend wieder gewogen. Das Differenzgewicht entspricht nun der Schweiß-Produktion innerhalb der entsprechenden Zeiteinheit.
Die Hyperhidrosis axillaris ist eine fokale Hyperhidrose.
Bei der Hyperhidrosis axillaris handelt es sich um eine lokalisierte Hyperhidrose im Bereich der Achselhöhlen. Wenngleich die Schweiß-Produktion in anderen Körperbereichen normal ist, ist diese in den Achseln deutlich vermehrt.
Wenn internistische Ursachen ausgeschieden sind, ist die axilläre Hyperhidrose gut mittels Schweißdrüsenentfernung chirurgisch oder mittels Btx konservativ behandelbar.
Wie erfolgt die Behandlung der Hyperhidrose?
Bezüglich der Behandlung der primären Hyperhidrose lassen sich operative und konservative Verfahren voneinander abgrenzen. Es ist sinnvoll, mit einer konservativen Behandlung zu beginnen. Wenn diese erfolglos ist, können Sie sich von unserem Yuveo-Team in Düsseldorf über eine Operation beraten lassen.
Konzept der Behandlung (4):
Generell empfehlen wir, bei der primären Hyperhidrosis zunächst mit dem Auftragen von sog. Antiperspiranzien, wie Aluminiumchlorid zu beginnen (Deodorants).
Bei der Hyperhidrose an Händen und Füßen ist ein Versuch mit der Iontophorese (Beschreibung weiter unten) sinnvoll.
Wenn diese Mittel an den Händen versagen ist die letzte Möglichkeit eine endoskopische thorakale Sympathektomie (Beschreibung weiter unten).
Bei der axillären Hyperhidrosis sollte nach den lokalen Mitteln eine Btx-Behandlung erfolgen. Wenn diese erfolglos ist oder langfristig nicht gewünscht wird, kann eine Lipokürettage oder eine endoskopische thorakale Sympathektomie durchgeführt werden.
Welche Möglichkeiten der Operation im Sinne der Schweißdrüsenentfernung können genutzt werden?
Die wichtigsten operativen Optionen der Behandlung einer fokalen Hyperhidrosis sind die Lipokürettage und die Sympathektomie:
Die Schweißdrüsenentfernung durch Lipokürettage ist die am häufigsten angewendete Methode und kombiniert die Schweißdrüsenabsaugung mit der Kürettage.
Die bloße Schweißdrüsenabsaugung ist weitgehend von der Lipokürettage abgelöst worden.
Bei der bloßen Kürettage wird auf die Absaugung verzichtet. Über ein bis zwei kleine Schnitte wird mit einer Kürette (ein scharfer Löffel) das Schweißdrüsengewebe herausgekratzt.
Schweißdrüsenausschneidung (nach Skoog)
… ist ebenfalls weitgehend von der Lipokürettage abgelöst worden und nur noch extrem hartnäckigen Fällen vorbehalten.
Hier wird das von der axillären Hyperhidrosis betroffene Hautareal komplett oder teilweise entfernt und anschließend verschlossen.
Früher wurden sog. Lappenplastiken zur Defektdeckung angewendet, was allerdings deutlich mehr Narben bedeutet und eine höhere Rate an Infekten und Wundheilungsstörungen als bei der Schweißdrüsenentferung durch Lipokürettage.
Der Vorteil der Schweißdrüsenausschneidung ist aber eine sehr gute Erfolgsrate von 90% (4). Zu den Möglichen Komplikationen gehören Wundinfektion, Narbenbildung, Hautnekrosen und Hautverfärbungen.
Sympathektomie
wird auch Sympathikolyse genannt. Dieser Eingriff kann entweder endoskopisch (ETS = endoskopisch transthorakale Sympathektomie) oder CT-gesteuert durch die Haut (perkutane CT-gesteuerte Sympathikolyse).
Bei der ersten Variante wird ein Endoskop in das innerer des Brustkorbes vorgeschoben um im hinteren Abschnitt die Nerven zu Blockieren, welche die Schweißbildung von Hand, Füßen und Achseln regulieren.
Mögliche Komplikationen sind Hämatothorax (Blutung im Brustkorb), Pneumothorax (Kollaps der Lunge), Horner-Syndrom, Verletzung des Ductus thoracicus (Haupt-Lymphgefäß) und Schädigung des Nervus phrenicus (ua. für die Atmung zuständig) (6).
Auch kann eine sog. kompensatorische Hyperhidrose in anderen Bereichen auftreten, die ebenso beeinträchtigend sein kann, wie die Hyperhidrose an den Händen und Füßen.
Bild: Instrumentenset für die Lipokürettage
Welche Möglichkeiten der nichtoperativen Behandlung der Hyperhidrose gibt es?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten der konservativen Behandlung der Hyperhidrose. Die wichtigsten sind die Aluminiumchlorid-Lösung, die Iontophorese und die Btx-Injektion.
Bei der generalisierten also nicht fokalen Hyperhidrosis werden Anticholinergika (Menthantheliniumbromid, Scopolamin und Propanthelin,), Antidepressiva (Amitryptilin und Paroxetin), Blutdrucksenkende Mittel = Antihypertensiva (Beta-Blocker, Calcium-Kanal-Antagonisten (Diltiazem)), Alpha-Antagonisten (Phentolamin) und Alpha-2-Agonisten (Clonidin) als möglich Medikamente diskutiert.
Die Studienlage ist hier allerdings bescheiden. Oft handelt es sich nur um Einzelfallstudien. In den AWMF-Leitlinien (5) finden diese Medikamente zur Behandlung der Hyperhidrosis nur unter Vorbehalt Berücksichtigung.
Aluminiumchlorid
Aluminiumchlorid ist das bekannteste Mittel der Behandlung einer Hyperhidrose ohne einen invasiven Eingriff. Das Prinzip besteht darin die Ausführungsgänge der Schweißdrüsen zu verstopfen und somit das Schwitzen zu blockieren.
Es handelt sich um eine höherprozentige Lösung, die vor dem Schlafengehen sparsam aufgetragen werden sollte. Zu Beginn (2-3 Wochen) sollte die Aluminiumchlorid-Lösung täglich angewendet werden, danach genügt das Auftragen ca. 2-mal pro Woche. Erst nach wenigen Monaten ist ein Erfolg feststellbar.
Die Konzentration der frei verkäuflichen Aluminiumchlorid-Lösungen liegt bei unter 2% – Arzneimittel enthalten hingegen bis zu 25%.
Nebenwirkungen: Wegen Reizungen der Haut (Rötung, Brennen, Stechen und Jucken) sollten die behandelten Areale mit Creme gepflegt werden. Je höher die Konzentration der Aluminiumchlorid-Lösung und je häufiger die Anwendung, desto wahrscheinlicher / stärker sind Hautreizungen.
Verfärbungen der Kleindung! Daher bei dieser Form der Hyperhidrosis-Behandlung entsprechende Kleidung tragen.
Iontophorese
Die Hyperhidrosis-Behandlung mittels Iontophorese ist ein weiterer konservativer Ansatz.
Das Prinzip besteht ebenfalls (ähnlich wie bei der Aluminiumchlorid-Lösung) in der Blockierung der Schweißdrüsen-Ausführungsgänge.
Dieses wird erreicht durch Gleichstromfluss bei der Anwendung von Bädern. Diese Behandlung ist gut geeignet für die Hyperhidrosis an den Füßen und Händen. Die Behandlung sollte zu Beginn ca. 3-mal wöchentlich, später einmal pro Woche erfolgen.
Ca. 80% der Patienten mit fokaler Hyperhidrosis an den Händen und Füßen sprechen auf diese Therapie an. Insbesondere die Kombination mit Glycopyrrolat (bislang nicht zugelassen: off label) im Wasser ist erfolgversprechend (7).
Allerdings können auch bei dieser Behandlung Reizerscheinungen der Haut mit Rötung, Brennen und Bläschenbildung entstehen.
Btx-Behandlung
Es handelt sich um eine wenig aufwendige, komplikationsarme, langfristig teuere und zeitlich begrenzte Form der Hyperhidrose-Behandlung.
Es müssen große Mengen des Nervengiftes Bttx in die betroffenen Bereiche gespritzt werden, wodurch die Schweißbildung chemisch (Freisetzung von Acetylcholin wird gehemmt) blockiert wird.
Der Effekt hält leider nur 3-6 Monate an, so dass die Behandlung anschließend wiederholt werden muss.
Bei der Behandlung der Hyperhidrosis an Füßen und Händen können Lähmungserscheinungen der kleinen Hand-, bzw. Fußmuskeln auftreten.
Literatur:
1, US prevalence of hyperhidrosis and impact on individuals with axillary hyperhidrosis: results from a national survey. – Strutton DR, Kowalski JW, Glaser DA, Stang PE. – J Am Acad Dermatol. 2004 Aug;51(2):241-8.
2, An epidemiological study of hyperhidrosis. – Dermatol Surg. 2007 Jan;33(1 Spec No.):S69-75. – Lear W, Kessler E, Solish N, Glaser DA.
3, Sweaty, smelly hands and feet. – Scarff CE. – Aust Fam Physician. 2009 Sep;38(9):666-9.
5, AWMF: Leitlinien der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) – Definition und Therapie der primären Hyperhidrose – Nr. 013/059 – Erstellungsdatum 02/2007
6, Transthoracic endoscopic sympathectomy in the treatment of palmar hyperhidrosis–with emphasis on perioperative management (1,360 case analyses). – Lin TS, Fang HY. – Surg Neurol. 1999 Nov;52(5):453-7.
7, Iontophoresis with glycopyrrolate for the treatment of palmoplantar hyperhidrosis.- Dolianitis C, Scarff CE, Kelly J, Sinclair R. – Australas J Dermatol. 2004 Nov;45(4):208-12.